Samstag 11. Mai 2023, 19.00 Uhr
im Sommerrefektorium


Vormuttertagskonzert
Biber – Bertali – Schmelzer
3 Götter im barocken Geigenhimmel Österreichs

Wenn man vor Paganini an Virtuosität denkt, kommt man an diese Giganten des barocken Violinspiels nicht vorbei. Der Italiener Bertali hatte die Latte als Hofkapellmeister schon ziemlich hochgelegt. Der erste deutschsprachige Hofkapellmeister Schmelzer modernisierte den Stil und reicherte ihn mit inniglicher und ausdrucksstarker Harmonik an. Biber übertraf dann beide, vor allem durch die Erweiterung der Spieltechniken, indem er sich bis an den Rand des Unmöglichen wagte.
Unterhaltsam, ausdruckstark, virtuos und gleichzeitig lieblich wird es an diesem Vormuttertagsvorkonzert!


PROGRAMM


H.I.F. Biber
aus Sonatae violino solo, 1681
Sonata V
( )-Adagio-Adagio-Variatio-Adagio-Presto-Aria-Variatio
 
 
J.H. Schmelzer
aus: Sonatae unarum fidium, 1664
Sonata IV
— , Saraband, Guige, Allegro, Presto
 
 
A. Bertali
Chiacona per violino solo (Fassung Kremsier)
 
 
* * * PAUSE * * *
 
 
J.H. Schmelzer
aus: Sonatae unarum fidium, 1664
Sonata V
— , più Allegro, Adagio
 
 
H.I.F. Biber
aus: Sonatae Violino Solo, 1681
Sonata III
Adagio-Presto….Aria-Variatio-Presto-Adagio-Allegro-Adagio-Variatio
 
 
ARS ANTIQUA AUSTRIA
Gunar Letzbor – Violine
Erich Traxler – Orge l
Jan Krigovsky – Violone 8‘
Hubert Hoffmann – Theorbe

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Programmbeschreibung:

«Von Ehrenruef» J.H. Schmelzer

Schmelzer kann wohl mit Recht als Gründer der österreichischen Geigenschule angesehen werden. Er verfügte sicherlich über eine aussergewöhnliche Begabung für dieses in der Kunstmusik relativ neuartige Streichinstrument. In seiner Anfangszeit gaben noch oft die Gamben den Ton an. Sie galten als nobel, während der Geige noch lange der Geruch der niederen Schichten anhaftete. Ohne große Vorbilder (mit Ausnahme von Bertali) entwickelt er eine reiche Palette neuer Ausdrucksmöglichkeiten und bogentechnische wie auch grifftechnische Innovationen. Die virtuose Ciacona seines Vorgängers A. Bertali als Hofkapellmeister scheint massgeblich von seinen besonderen geigentechnischen Fertigkeiten beeinflusst zu sein. Ausgehend von Kompositionen für das Ballett des Kaiserhofes erreicht er auch in anderen Musiksparten große Meisterschaft. Seine Sammlung an Violinsonaten erregt bald in ganz Europa Bewunderung und wird Vorbild für viele geigende Komponisten der Folgegeneration. Seine Kammermusik besticht durch ausgeprägten Sinn für klangliche Abwechslung, kontrastreiche Gegenüberstellung von Affekten und virtuosen Anspruch an alle beteiligten Instrumente. Kaiser Leopold schätzte auch seine Fähigkeiten zur Komposition klein- und großbesetzter Kirchen- und Gesangmusik. Er verlieh ihm den Adelstitel «Von Ehrenruef» und machte ihn zum ersten Deutschen Hofkapellmeister in der Barockzeit.

Die Musik am Wiener Hof verbindet viele der Eigenheiten, die in den unzähligen Kulturkreisen des barocken Österreichs lebendig waren. Bei italienischen Künstlern (Bertali, Viviani), läßt sich unschwer eine Veränderung in ihrem musikalischen Ton bemerken, nachdem sie einige Zeit in Österreich gelebt hatten. Wien fungierte gleichsam als Schmelztegel, durch den die verschiedenen Kulturen, in einem lebendigen Prozess Einfluß auf die Weiterentwicklung der musikalischen Hochkultur nehmen konnten.

Kaum hätten H.I.F Bertali, Schmelzer und.Biber zu ihren virtuosen Spielfiguren gefunden, hätten sie Ähnliches nicht tagtäglich durch das Vorbild der Zigeunergeiger in Böhmen und Mähren vor Augen gehabt. Diese Musiker scherten sich wenig um Kompositionsregeln, sie entwickelten ihr Musizieren idiomatisch aus ihrem Instrumentarium und erreichten damit schon wesentlich früher als die hochgebildeten Musiker aus dem Bereich der Hochkultur technischen Meisterschaft. Solche Interpretationsansätze gewinnt man nicht aus der Weisheit von Büchern. Man muß lebendiges Musizieren beobachten. Die Volksmusikanten der heutigen Zeit zeigen oft in ihrer Spielhaltung und Aufführungspraxis weit in die Vergangenheit zurück. Man muß viele Noten lesen und spielen, spielen wie ein Musiker der nicht an Bach oder Brahms denkt, wenn er eine Sonate von Döbel oder Bertali interpretiert. Man muß offen sein im Denken, Irrwege zulassen, kritisch und gleichzeitig erfindungsreich den geeigneten Zugang zu den Meisterwerken der Vergangenheit suchen. Nicht zu vergessen, man muß genau die Reaktion des Publikums studieren! Interpretation am Publikum vorbei ist ganz und gar nicht kommunikativ. Musik aber ist die dem Menschen ureigenste Kommunikationsform. Über alle Sprach und Kulturgrenzen hinweg vermag sie zwischen den Menschen einen Dialog entstehen lassen. So bin ich ganz sicher, daß unser geschätztes Publikum in Japan, Norwegen oder auch Oberösterreich oder Niederösterreich ohne Schwierigkeiten die Botschaft in der Musik Schmelzers oder Bibers und Bertali empfangen und aufnehmen kann. Es ist die Botschaft des Lebens: Liebe, Angst, Freude Trauer, Verzweiflung, Zuversicht, Göttlichkeit…

Gunar Letzbor

 


Fotocredit: AAA

 

ARS ANTIQUA AUSTRIA, Leitung: Gunar Letzbor
Ensemble für neue Barockmusik

Österreichische Barockmusik steht im Mittelpunkt des Repertoires dieses ungewöhnlichen Barockensembles. Die zu dieser Zeit am Wiener Kaiserhof gepflegte Musik zeigte zuerst starke Einflüsse aus Italien, später aus Frankreich, wobei sich auch das spanische Hofzeremoniel auf das künstlerische Schaffen auswirkte. Der typisch österreichische Klang dieser Epoche wurde durch den Einfluß der vielen Kronländer geprägt. Die politischen und gesellschaftlichen Grenzen im Österreich der Barockzeit waren viel weiter ausgedehnt als heute. Elemente der Volksmusik aus dem Slawischen, dem Ungarischen und der alpenländische Musik beeinflußten damals die Kunstmusik nachhaltig und gaben ihr den spezifischen Klang. Der österreichische Klang spiegelt aber auch das Temperament und den Charakter des damaligen Österreichers wieder, eines Menschen im Schmelzpunkt vieler unterschiedlicher Kulturen. Darin vereinigen sich die Lebenslust des Südländers, die Melancholie der Slawen, das Formalistische der Franzosen, das Hofzeremoniell der Spanier und das original Alpenländische des deutschsprachigen Raumes. Diese Mischung aus Hofmusik und Volksmusik mit einer tänzerischen Note machen den typisch österreichischen Klang aus.
Die ersten Jahre standen für ARS ANTIQUA AUSTRIA – neben zahlreichen Konzertauftritten – ganz im Zeichen der musikwissenschaftlichen Aufarbeitung des Schaffens österreichischer Barockkomponisten. Aus dem reichen Fundus wiederentdeckter Werke entstanden mehrere erfolgreiche Ersteinspielungen. So gab es für die Tonträger mit der Musik von Weichlein, Biber, Conti, Viviani, Radolt, Mealli, Arnold, Caldara, Bononcini, Bertali, Aufschnaiter, Vilsmayr, Vejvanovsky, Schmelzer, Muffat und Johann Sebastian Bach enthusiastischen Beifall bei internationalen Fachrezensenten.

Seit dem Jahr 2002 übernimmt ARS ANTIQUA AUSTRIA die Gestaltung eines eigenen Konzertzyklus im Wiener Konzerthaus. Das Ensemble ist federführend in einer auf mehrere Jahre ausgelegten Konzertreihe mit dem Titel "Klang der Kulturen - Kultur des Klanges", bestehend aus insgesamt 90 Konzerten in den Städten Wien, Prag, Budapest, Bratislava, Krakau, Venedig, Laibach, Mechelen und Lübeck.

Die aktuellen Tourneen führten das Ensemble unter anderem zum Festival de la Musique Baroque nach Ribeauvillè, zu den Festwochen der Alten Musik nach Berlin, zum Festival Printemps des Arts nach Nantes, zum Mozartfest in Würzburg (eine Opernproduktion) , zu den Tagen alter Musik in Herne, Festival de Musique de Clisson et de Loire Atlantique, Folles Journées de Nantes, Musée d’Unterlinden Colmar, Festival Baroque du Sablon, Vlandern Festival, Festival Bach de Lausanne, Bologna Festival, Vendsyssel Festival, Concerti della Normale Pisa, Resonanzen Wien, Klangbogen Wien zum Monteverdi Festival nach Cremona, an die Münchner Staatsoper sowie zu den Salzburger Festspielen.
Auch in den USA und Japan ist das Ensemble ein gerngesehener Gast.

Die CD-Einspielung zusammen mit der Mezzosopranistin Bernarda Fink (vier Kantaten von Francesco Conti) ist bereits eine Woche nach der Präsentation mit „Diapason d'or“ ausgezeichnet worden. Gunar Letzbor bekam zusammen mit seinem Ensemble ARS ANTIQUA AUSTRIA einen „Cannes Classical Award“ für seine Einspielung der „Capricci Armonici“ von G.B.Viviani verliehen.


 

 

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