Samstag 29. Mai, 19.30 Uhr
“Picksüßes Hölzl”
CALAMUS CONSORT
Gewinner des H.I.F.Biber Preises 2009
PROGRAMM
Antonio Vivaldi (1678–1741):
Sonata. Trio in g-Moll RV 81: Allegro – Largo – AllegroKaiser Joseph I. (1678–1711):
„Tutto in pianto“, komponiert für Chilondia von M. A. Ziani (1709)Johann Joseph Fux (1660–1741):
„Non sdegnar“ aus Il Mese di Marzo consacrato a Marte (1709)Georg Muffat (1653–1704):
Suite in d-Moll: PreludeKaiser Leopold I. (1640–1705):
„Amor preparami“ (um 1700)G. Muffat:
Fortsetzung der Suite:
Allemande – Courante – Sarabande – Gavotte – Menuet 1 & 2Attilio Ariosti (1666–1729):
Giga und „Tal vicina a giglio“ aus La Placidia (1709)* * *
Anonym:
Air à deux ClarinettesA. Ariosti:
„Di quel trono“ aus La Placidia (1709)
Giovanni Battista Bononcini (1670–1747):
„No, non più guerra” aus L’Abdolomino (1709)J. J. Fux:
„Sento nel core“ aus La decima fatica d’Ercole (1710)Ciaccona in D-Dur K 403/2
Antonio Caldara (1670–1736):
„Parte, e d’Ilio trionfa il forte Atride“ – „La vittoria“ aus der Licenza zu Ifigenia in Aulide (1718)J. J. Fux:
Janitshara aus der Synfonia in C für zwei Oberstimmen und B.c.Francesco Bartolomeo Conti (1682–1732):
„Dolce amor“ aus der Kantate Vaghi augelletti (ca. 1720)
Calamus Consort:
Michaela Riener, Sopran
Ernst Schlader, Chalumeaux und Clarinetten
Markus Springer, Chalumeaux und Clarinetten
Heidi Gröger, Viola da Gamba
Mario Aschauer, Cembalo
Das 18. Jahrhundert darf hinsichtlich der Erfindung und Entwicklung von Musikinstrumenten als eine der fruchtbarsten Epochen überhaupt angesehen werden, so vielfältig und zahllos gestalteten sich die Errungenschaften, die in der vergleichsweise kurzen Zeitspanne von 100 Jahren hervorgebracht wurden. Neben unzähligen Eintagsfliegen – Instrumente, die uns heute oft nur noch durch zeitgenössische Beschreibungen bekannt sind – schlug damals auch die Geburtsstunde vieler Instrumente, deren Nachfahren bis in unsere Tage zum Standardrepertoire gehören, wie etwa des Hammerklaviers oder der Klarinette, die kurz nach ihrer Erfindung in Nürnberg im Jahr 1700 innerhalb kürzester Zeit im süddeutschen Raum verbreitet war.
So wurden beispielsweise im oberösterreichischen Benediktinerstift Kremsmünster nachweislich vor 1739 bereits fünf Klarinetten verwendet. Die Erfindung der Klarinette stand wohl in direktem Zusammenhang mit der Beschäftigung des Nürnberger Instrumentenmachers J.C. Denners mit dem Chalumeau. Letzteres dürfte gegen Ende des 17. Jahrhunderts aus dem Experiment resultiert haben, die Lautstärke der Blockflöte zu erhöhen, jedenfalls zeugt der charakteristische Fuß des Instruments von enger physikalischer Verwandtschaft.
1706 wurde das Chalumeau von den Oboisten der Hofkapelle zum ersten Mal am Wiener Hof gespielt. In der Folgezeit bedienten sich Komponisten wie Fux, Ariosti, Caldara, Conti und die Brüder Bononcini ihres intimen und dunklen Klangs für besondere, meist pastorale Momente in ihren Opern und Oratorien. Und kein Geringerer als Kaiser Joseph I. schrieb einen der elaboriertesten Parts für das Chalumeau in seiner Arie Tutto in pianto, die er zu Zianis Oper Chilonida beisteuerte.
Ganz anders gestalteten sich die Aufgaben der frühen „Clarinetti“: Sie substituierten oftmals die hohen Trompeten („Clarini“) und es wurde schlicht alles auf ihnen gespielt, was ihrem Ambitus und schmetternden Klang entsprach. So lassen sich etwa die Janitscharen-Klänge der J.J. Fux unterstellten Sinfonia (Abschrift im Stift Kremsmünster) womöglich origineller auf Barockklarinetten als auf den ursprünglich verlangten Violinen darstellen.
CALAMUS CONSORT
Im Jahr 2004 von Markus Springer und Ernst Schlader gegründet, widmet sich das Calamus Consort vor allem der Musik für Chalumeaux und Klarinetteninstrumente des 18. Jahrhunderts, besonders von Telemann, Fasch, Graupner und österreichischer Barockmusik. Die einzelnen Mitglieder musizieren sowohl als Solisten als auch in Ensembles und Orchestern in ganz Europa und lehren als Dozenten an der Universität Wien, der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen und der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt am Main. Als Calamus Consort versuchen sie in verschiedenen Besetzungen durch die Verwendung von heute in Vergessenheit geratenen Instrumenten dem Publikum des 21. Jahrhunderts einen neuen, lebendigen und spannenden Zugang zur Barockmusik zu bieten. 2009 gewann das Ensemble den H. I. F. Biber-Preis für die höchste Punktewertung beim gleichnamigen Wettbewerb, was Einladungen zu renommierten internationalen Festivals (u. a. „Resonanzen“ in Wien, „Itinéraire Baroque“ Brantôme) zur Folge hatte.
Oberösterreichische Nachrichten, 31. Mai 2010
Auf vergessenen Wegen
Alte Musik: „Calamus Consort“, Musik des Barocks, Sommerrefektorium des Stifts St. Florian, 29. Mai
Für die stilechte Wiedergabe Alter Musik genügt es nicht, sich nur mit dem Notentext zu beschäftigen. Dem entspricht ganz das vielbeschäftigte „Calamus Consort“. Es hat in der Reihe „Fiori Musicali“ im Stift St. Florian das Holzblasinstrument Chalumeau (Anfang 18. Jh. beliebt, heute vergessen) in unterschiedlichen Größen vorgestellt.
Die kleine Variante klingt wie ein trompetenähnliches Zwischending aus Schalmei und Blockflöte. Das große Instrument gleicht einem Fagott und klingt dunkel. Zum fünfköpfigen Ensemble haben sich zusammengeschlossen: Michaela Riener mit schlankem, sicher geführtem Sopran, die Bläser Ernst Schlader und Markus Springer, weiters Heidi Gröger mit noblem Gamben-Bass und der tüchtige Mario Aschauer (Orgel, Cembalo). Das Programm zeigte die Qualitäten des Chalumeaus und lieferte einen einfallsreichen Querschnitt durch Österreichs Hochbarock, darunter zwei komponierende Kaiser (Leopold I., Joseph I.). Es vermittelte Kammer-, Kirchen- und Theaterwerke sowie Solistisches von ernst bis heiter.
Zusätzlich lieferte eine Frühform der Klarinette schmetternde Fanfarenklänge, darunter Janitscharen-Musik aus einer J.-J.-Fux-„Synfonia“. Ein an Information reicher und vergnüglicher Abend. (fz)
Quelle: OÖNachrichten Zeitung
Artikel: http://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/art16,402389
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